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Statt "Madame Butterfly", "La Boheme" oder "La Traviata" nun "Danger In Her Eyes", "Passion And Pain" und "Una Noche D'Amor" - Deborah Sasson, Opernsängerin und Musicalstar aus den USA, wechselte die Kulissen. Doch wer wie sie nach umjubelten Vorstellungen an der Oper von San Francisco den Rest der Nacht in Discotheken durchtanzte, der weiß sich auch auf der Popbühne zu behaupten. Nicht etwa, um der Oper vollends den Rücken zu kehren, sondern um auf neuem Terrain neue Kreativität zu beweisen. Vor kurzem war Deborah Sasson Gast im "Kessel Buntes". Wir sprachen mit ihr.


Als sie vor zwei Jahren erstmals in der DDR auftraten, konnte man noch Ihre Opernstimme bewundern. Jetzt präsentieren sie Popmusik. Was hat diesen Kulissenwechsel bewirkt?

Ich bin eigentlich nur zu meinen Wurzeln zurückgekehrt; denn ich habe schon Popmusik gemacht, bevor ich Opernsängerin wurde. Ich sang in einer Folkrock-Gruppe, die den phantastischen Namen "Prince Spaghetti Minstrels" trug - unser Sponsor war eine Spaghettifirma. Damals ein Geschenk des Himmels, denn wir hatten kein Geld für Instrumente. Ich mußte dann allerdings auch Werbelieder singen, etwa "Gold Is The Colour Of My Trueloves Nuddles". Hochkünstlerisch, na ja. Aber ich habe damit zum Teil mein Studium am Konservatorium finanzieren können.

Und wollten Opernsängerin werden?

Ich merkte bald, daß meine STimme doch sehr kräftig ist. Als einmal der Strom ausfiel, sang ich einfach weiter. Ohne Lautsprecher, aber die Leute hörten mich. Und da dachte ich: Menschenskind, vielleicht hast du das Zeug dazu.

Und wurden ein Musicalstar am Broadway, sangen in "Showboat". Würde Sie der Broadway heute noch reizen?

Eigentlich nicht. Es ist ein ganz anderes Medium. Ich sang sechs Monate lang achtmal in der Woche und verlor fast meine Stimme. Man hatte gar kein anderes Leben mehr. Du kanntest nur das Theater - und dann wird es langweilig.

Und doch kamen sie nach Hamburg, um dort die "beste Maria aller Zeiten" zu werden, die Leonard Bernstein in seiner "Westside Story" gehört hat.

Das war eigentlich ein totaler Zufall. Ich kam gerade von einer Konzerttournee mit dem Bostoner Sinfonieorchester. Bei einem Zwischenaufenthalt in New York rief ich eine Freundin an. Und die sagte: "Weißt du, die Hamburger Staatsoper ist hier. Sie wollen die "Westside Story" machen und suchen Sänger dafür." Ich dachte, oh Gott, nicht schon wieder Musical. Aber dann bekam ich heraus, daß man sie nicht en suite spielen würde, sondern in das Operprogramm des Hauses einbinden wolle. Gut, sagte ichmir, dann singe ich vor. Ich war die letzte, die John Neumeyer hörte, hatte auch gar keine Zeit, nervös zu werden, kam ungeschminkt - entweder es klappt oder nicht. Neumeyer fragte: "Was willst du singen?" Und ich sagte: "Ich kann alles singen aus der "Westside Story", ich habe das schon als Kind gesungen." Ich sang und er sagte: "Okay, du kriegst die Rolle." So landete ich in Hamburg und bin dort hängengeblieben. Eigentlich wollte ich nach dem Gastspiel nach Boston zurückkehren, aber Deutschland hat mir sehr gut gefallen. Ich habe auch sehr schnell begriffen, daß man hier anfangen muß, um eine internationale Operkarriere zu machen.

In Deutschland oder Europa?

Ich finde Deutschland für eine junge Sängerin optimal. Es gibt 50 Opernhäuser, die jeden Abend spielen. Natürlich sind die Gagen extrem klein; man muß praktisch jeden Abend singen. Mein erstes Engagement, gleich nach der "Westside Story" erhielt ich in Aachen. Damals konnte ich noch kein Deutsch. Neu ein paar Sätze: Wo - ist - die - Bühne? Wann - fängt - die - Probe - an? Ich bekam einen Vertrag, wußte aber gar nicht, was ich da eigentlich unterschreibe. Meine Agentur fragte nur: "Deby, warum hast du für so wenig Geld unterschrieben?"

Sind Ihnen dann die Arien zu langweilig geworden?

Oper und Pop zu singen, das ist, als spricht man verschiedene Sprachen. Ich habe schon immer Lieder und Texte geschrieben. Und ich wollte sie noch einmal auf die Bühne bringen, Die Frage war nur, wer sie produziert. Ich traf dann die Westside-Leute und wir brachten die "Carmen"-Version "Danger In Her Eyes" heraus.

Eine aufgepoppte "Carmen".

Eigentlich wollte ich keine Opernstimme in diesem Titel. Aber die Produzenten waren der Meinung, daß dies eine gute Brücke von der Klassik zum Pop wäre. Als Farbe war das auch ganz gut. Aber ich will mich schon voll und ganz auf die Popmusik verlassen, nicht etwa wie Klaus Nomi oder Nina Hagen für die Opernstimme in der Popmusik bekannt sein.

Heißt das, daß Sie sich aus der Opernwelt zurückziehen?

Ein Problem ist die Zeit. Vorletztes Jahr sollte ich an der Oper in Barcelona singen. Aber "Danger In Her Eyes" war gerade herausgekommen. Meine Plattenfirma meinte: "Deby, du mußt hierbleiben und die Platte bekanntmachen. Du kannst nicht einfach sechs Wochen nach Spanien verschwinden." Aber ich hatte diesen Vertrag. Also sprachen wir mit Herrn Caballe, dem Chef des Operhauses. Seine Schwester, Montserrat Caballe, hatte gerade den Titel "Barcelona" mit Fredie Mercury heausgebracht. Und er war so cool und sagte: "Ja, ja, das kann ich verstehen, das ist toll, das ist aufregend. Kein Problem, mach deine Promotiontournee." Es war sehr schön, eine solche Reaktion von dieser Seite zu erfahren. Das hatte ich eigentlich nicht erwartet.

Und das Publikum?

Ich sehe sehr junge Leute in meinen Konzerten. Und dann die - sagen wir mal - etwas älteren. Das freut mich. Natürlich kannst du nicht jeden glücklich machen. Mancher wird sagen: Sie hätte bei der Oper bleiben sollen. Andere vielleicht: Nun, sie hat mir gar nicht als Opernsängerin gefallen, ganz gut, daß sie jetzt Pop singt. Ich weiß es nicht. Ich glaube, du mußt das tun, was dich glücklich macht und was du glaubhaft kannst.

Was gefällt Ihnen an der aktuellen Popmusik? Und was nicht?

In den englischen Charts war jetzt ein Titel die Nummer eins, von Snap "The Power". Da ist nicht ein Satz gesungen, alles gesampelt. Irgendwie bist du dann ein bißchen frustriert. Du arbeitest an einem Text, einer Melodie und so weiter, dann kommt jemand, nimmt ein bißchen von dem und von dem und sampelt das einfach zusammen. Gut, es ist eine clevere Idee. Es ist auch erstaunlich und faszinierend, was mit der Technik heute alles möglich ist. Man kann damit sehr viel experimentieren. Und das macht auch Spaß. Aber nach einer Weile hast du doch wieder Sehnsucht nach einem echten Klavier, nach einer echten Geige, nach einer echten Gitarre. Diese Instrumente sind nicht ersetzbar.

"Passion And Pain" einer Poplady. Ersetzt die Leidenschaft auf der Bühne den Schmerz im Privaten. Wie halten Sie die Balance zwischen beiden Polen?

Schwer. In der Vergangenheit hat es nicht sehr gut funktioniert. Ich lebe jetzt in Scheidung von meinem Mann. Ich glaube, es hat nicht nur an meiner Karriere gehangen.

Haben sich zwei Karrieren, Ihre und die Ihres Mannes, Peter Hofmann, in einer Ehe nicht vertragen?

Am Anfang schon. Aber ich weiß nicht. Ich will eigentlich auch nicht so darüber reden. Ich bin sehr traurig, daß es so gekommen ist. Doch es ist schwer zu sagen, wer nun was falsch gemacht hat. Wir haben uns sehr wenig gesehen. Lange Trennungen sind immer gefährlich. Ich denke schon, daß man es gemeinsam schaffen kann. Andere haben es ja auch geschafft. Vielleicht wird es für mich auch noch klappen.


(Lutz Pehnert, FF dabei 23-1990 v. Juni 1990, Seite 11)




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