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Was macht eigentlich WESTSIDEmusic?

Selbst bei einigen absoluten Musik-Kennern dürfte der Name WESTSIDEmusic nur unwissendes Stirnrunzeln verursachen, denn das im Februar 1984 von Achim Völker und Horst Vay, zwei ehemaligen Mitarbeitern der Bellaphon, gegründete Label war trotz zweifelloser Erfolge vom ursprünglichen Ansatz her immer ein Nischenlabel, und zwar für elektronische Musik, die man retrospektiv als frühen Techno und New Beat bezeichnen könnte. Der damals noch unbefleckte Andreas Thomalla (Anmerkung von Uwe: der Mann heißt Tomalla) aka TALLA 2XLC gründete hier das Sublabel "Future Dance Association" und gehörte neben Axel Henniger (Anmerkung von Uwe: der Mann heißt Henninger) zu den wichtigsten Köpfen und Produzenten von Westside. Kaum ein Release, ganz egal unter welchem Pseudonym es veröffentlicht wurde, das nicht aus der Feder von Talla stammte. (Anmerkung von Uwe: ich habe es immer geahnt: Talla ist Lauriece Hudson!)
Sehr fortschrittlich und sicherlich auch zur heutigen Zeit für viele kleinere Labels ein möglicher Ausweg aus der Krise war die Maßnahme von Westside, im Eigenvertrieb den Trendhandel mit Veröffentlichungen zu versorgen. Bis zu 100 Trendhändler in Deutschland, Importeure in Österreich, Schweiz, Skandinavien und den USA sorgten dafür, dass häufig Verkaufsstückzahlen von 20.000 und mehr pro Maxi-Single erzielt werden konnten. Vor allem das Flagschiff von Westside und FDA - Moskwa TV - erzielte weltweit hervorragende Reaktionen: besonders die USA und Schweden zeigten sich begeistert von den technisch-kühlen Synthieklängen der Westside-Produktionen. Moskwa TV mit "Tekno Talk" und "Generator 7/8" sowie Orient Affair mit "Classic Dance" tauchten in diversen US-DJ-Charts auf und sorgten dafür, dass nach Kraftwerk ein weiteres deutsches Gütesiegel elektronischer Musik in den USA entstand. Im Herbst 1987 startete die wohl potenteste Entdeckung Westsides - Camouflage - mit dem viel versprechenden Debüt "The Great Commandment". Die Nummer, die vielen Musikkennern als Depeche Mode-Hommage erschien, enterte auf Anhieb die deutschen Media-Control-Charts und schaffte es sogar in die Top Ten. Auch das Debütalbum "Voices & Images" mit den weiteren Singles "Strangers Thoughts" und "Neighbours" konnte große Erfolge feiern.
Das im Herbst 1987 gegründete Sublabel Seven Eleven jedoch brachte die einzige Goldsingle von Westside hervor: OKAY! von O.K. erreichte über 400.000 verkaufte Exemplare in Deutschland. Beflügelt durch diesen Erfolg wurde ein weiteres Sublabel ins Leben gerufen: 8ighty 8ight. Dieses sollte gemeinsam mit EMI im Jahr 1988 zu einer festen Größe des Musikmarktes entwickelt werden. Mit Produktionen von Deborah Sasson, Oh Well oder H.P.Baxters (Anmerkung von Uwe: der Mann heißt H.P.Baxxter) erster Combo Celebrate The Nun. Doch das Label verzettelte sich, indem es an zu vielen Fronten aktiv sein wollte und vernachlässigte die Acts der ersten Stunde, so dass Ende der 80er Jahre Talla 2XlC und Axel Henninger das Label aus künstlerischen und finanziellen Gründen verließen. Westside versuchte, die entstandene Lücke mit dem ex-Tokyo Keyboarder Volker Barber zu schließen, der nun einen Großteil der Kompositionen und Produktionen übernahm. Doch der in den Anfangsjahren als typische Westside-Produktion zu erkennende Sound passte sich aktuellen Trends an. New Beat, Acid und House bestimmten Anfang der 90er die Tanzflächen, und Westside entwicklete sich mehr und mehr von eienm Szenevorreiter zu einem Mitläufer. Als letzter Versuch, das sinkende Schiff noch einmal auf Kurs zu bringen, galt das bereits 1990 fertig gestellte Moskwa TV Comeback-Album "Javelin", das bis 1991 zurück gehalten wurde, um einen möglichst hoch dotierten Major-Label-Deal an Land zu ziehen. Das gelang durch einen Vertrag mit Metronome in Hamburg, das jedoch im August 1991 vom Konkurs von Westside überrascht wurde und daraufhin alle Zahlungen, u.a. für "Javelin" einstellte. Nach diesem unrühmlichen Ende tauchten die ehemaligen Gründer (Anmerkung von Uwe: nur der kaufmännische Part der Firma, Horst Vay, tauchte unter) bis 2003 unter, um vergangenes Jahr als Voelker Bros zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Mit ehemaligen Westside Künstlern begannen sie, neue Produktionen in der innovativen Tradition des früheren Westside-Sounds einzuspielen. Als erstes Resultat erschien im Januar 2004 ein Remix von "Generator 7/8" auf dem Label Beatdisaster. Neben einem geplanten Moskwa TV-Comeback wird im November auf PIAS eine Werkschau der größten Westside-Erfolge incl. Titel von Axodry, MCL, Okay, Camouflage oder Oh Well erscheinen.

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(RAVELINE NR. 139, 10.2004, VÖ: 30.09.2004, Seite 114, kein Autor genannt)

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