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Interview mit MARCUS GABLER - geführt von Uwe - exclusiv für thesecondfuture.net (September 2004)




























uwe (thesecondfuture.net):
Wenn ich der Bravo Glauben schenken darf, hast Du bereits im Alter von 16 Jahren mit dem Sammeln von "Speechies" begonnen. Was hast Du denn damals mit diesen "Speechies" angestellt und wann und wie hast Du Robin Otis und Alexander "Nikki" Pfeil kennen gelernt?

MARCUS:
Soso, Du liest also noch die BRAVO ?!? Tss, tss... Das mit 16 stimmt. Rechne mal nach: der erst Mix von O.K. auf der Best Beats 3 ist ca. Mitte 87 rausgekommen, da war ich 18. Die Produktion war ja schon Anfang 87, die Demos und COULEUR TROIS Auftritte noch früher. Robin ist mein Cousin. Die anderen hatten mit Robin schon in anderen Frankfurter Bands Musik gemacht.

uwe (thesecondfuture.net):
Gemeinsam mit Robin und Nikki hast Du ja dann das Projekt COULEUR TROIS gegründet, das für seine Live-Auftritte immer fantastische Kritiken bekam. Mit COULEUR TROIS entstanden auch erste Demo-Aufnahmen, die 1985 sogar vom Hessischen Rundfunk bei "Sound vom Synthesizer" in der Sendung "Neue Leute braucht das Land" gespielt wurden. Wie entstanden diese Aufnahmen und habt ihr euch damit bereits bei WESTSIDE oder anderen Plattenfirmen beworben?

MARCUS:
COULEUR TROIS habe ich mit Christian Berg gegründet. Nicht Nikki! (Anm. v. Uwe: hätte ich der BRAVO doch nur nicht geglaubt...) Robin kam als Background Sänger zu COULEUR TROIS; Nikki erst später zu OKAY. Die Aufnahmen entstanden mit einer Vierspur-Fostex-Cassettenmaschine und einer RX-11 Drummachine. Die Keyboards wurden damals noch von Hand (!) eingespielt. Später kam dann ein Korg-Hardware-Sequencer (sogar mit 3.5" Disk) dazu. Eigentlich wollten wir uns mit dem Demo nicht bei Plattenfirmen bewerben, sondern WESTSIDE waren fast die Ersten, bei denen wir uns ernsthaft beworben haben.

uwe (thesecondfuture.net):
1986 erschien mit "Dreams Of Leaving" eure erste Maxi-Single bei WESTSIDE. War es eure Entscheidung eine Human League-Coverversion zu veröffentlichen oder die Entscheidung der Plattenfirma? Zu diesem Zeitpunkt gab's ja bereits eigene Kompostionen, wie z.B. Raid Over Moscow / First Time Approaching, die bereits im Radio gespielt wurden und auch eine Veröffentlichung verdient hätten.

MARCUS:
"Dreams Of Leaving" war ganz alleine meine Entscheidung. Die meisten der Demos waren nicht disco-mäßig genug. Der eigentliche Grund war aber, dass ich einfach Lust auf diese Cover-Version hatte. Übrigens betrug die Auflage der Maxi satte 900 Stück!

uwe (thesecondfuture.net):
In der HR-Sendung "Sound vom Synthesizer" vom 06.10.1985 wurde neben "Raid Over Moscow/First Time Approaching" auch der Song "Fade In Memory" von CAMOUFLAGE gespielt. Erzähl' doch bitte mal aus Deiner Sicht, wie die Verbindung zu CAMOUFLAGE zu Stande kam und wie WESTSIDE auf Deine Empfehlung reagierte.

MARCUS:
Ich liess mir vom HR die Adresse von CAMOUFLAGE geben und bat CAMOUFLAGE um ein Demo, das ich dann zu Westside gab.

uwe (thesecondfuture.net):
Die "Speechies" waren Anfangs ja "nur" das Intro der COULEUR TROIS-Konzerte. Wie kam es zur Veröffentlichung von "O.K." und weshalb erschien die Platte unter dem Projektnamen OKAY und nicht als COULEUR TROIS?

MARCUS:
COULEUR TROIS war ja eher der Name für ein Synthie-Duo. Der Name OKAY hat viel besser gepasst. OKAY passte zu vier Leuten und zu einem eher frischen, witzigen Titel.

uwe (thesecondfuture.net):
Gewisse Verwirrungen herrschen bei mir bis heute, ob das Projekt nun O.K. oder OKAY hieß! Im Fachmagazin BRAVO stand mal, dass die Plattenfirma den Titel Okay mit dem Bandnamen verwechselt hätte (sprich das Projekt sollte eigentlich OKAY heißen und der Titel "O.K."). Allerdings irritierte mich dann später das große OK auf der "E.D.U.C.A.T.I.O.N."-Single. Klär' mich doch bitte mal auf.

MARCUS:
Also, wenn's nach mir ginge:
Band: OKAY
Titel: OKAY!
O.K. fand ich immer echt doooooof.

uwe (thesecondfuture.net):
Im WESTSIDE-Presseinfo zur "E.D.U.C.A.T.I.O.N."-Single stand, dass die Zukunft von OKAY so klingen würde wie die B-Seite "Why? Boys!". "Why? Boys!" wird heute noch in diversen Foren als bester B-Seiten-Titel genannt und wurde sogar von Razormaid! geremixt. Warum fehlte der Track auf dem "Bang!"-Album und warum habt ihr euch in der Folgezeit dann doch von diesem Sound entfernt?

MARCUS:
"Why? Boys!" als Zukunft von OK (Anm. v. Uwe: er meint natürlich OKAY) zu bezeichnen war nicht unsere Idee. Tatsächlich höre ich diese Aussage heute zum ersten Mal! (Anm. v. Uwe: Tss, tss kennt die eigenen Presseinfos nicht: klick hier) Für uns war es nur eine B-Seite ohne spezielle Bedeutung.

uwe (thesecondfuture.net):
Nach "Okay" und der zweiten Single "E.D.U.C.A.T.I.O.N." habt ihr die Zusammenarbeit mit WESTSIDE beendet. Was waren die Gründe dafür?

MARCUS:
1. Probleme mit Westside. 2. Die Hoffnung, dass bei einer grossen Plattenfirma alles ganz gigantisch wird.

uwe (thesecondfuture.net):
Die dritte OKAY-Single "The Wild, Wild Western", sowie das Album "Bang!" erschienen 1989 bei der Majorcompany CBS, mit dem (zumindest in Synthie-Pop-Kreisen) bis dato unbekannten Produzenten Rod Gammons. Wie entstand die Zusammenarbeit mit CBS und Rod Gammons?

MARCUS:
Wir hatten verschiedene Produzenten kennengelernt, alle aus England, weil wir uns einig waren, dass wir englisch klingen wollten. Rod Gamons war nett, also nahmen wir ihn. Es lag also nicht an irgendwelchen anderen Sachen, die er vorher gemacht hatte.

uwe (thesecondfuture.net):
Eine äußerst obskure Veröffentlichung war die OKAY-Maxi "Champagne For The Boy" mit der Matrixnummer "CBS-1". Erzähl' mir doch bitte mal ein bißchen was zu diesem Release.

MARCUS:
Die Line "Champagne for the boy..." entstand bei einer Session im Proberaum, Nikki hatte diese Idee. Mich hat das dann irgendwie in eine jazzig/soulige Richtung inspiriert.
Als wir dann in London das Album produzierten, gingen wir öfters in den DINGWALLS Club am Camden Lock. Dort und im BROWN's Club, wie auch anderswo in London, konnte man zu der Zeit gerade die ersten Acid Jazz/Rare Groove Experimente hören, auch wenn von Acid Jazz damals noch nicht die Rede war. Jeder zweite Song basierte auf einem James Brown Loop (Funky Drummer), den wir dann DINGWALLS LOOP nannten und für CHAMPAGNE verwendeten. Das war sicher die trendigste Sache, die OKAY jemals rausgebracht haben. CBS hat den Versuch mal gewagt und mit der "Champagne For The Boy"-Maxi ausprobiert, was die DJs dazu sagten. Leider waren die Reaktionen nicht sonderlich berauschend.

uwe (thesecondfuture.net):
Für die Singles "1.2.3.4 Une Grand Affaire" und "World Of Illusion" übernahm die Sängerin Valerie Vannobel die Vocals und der Sound wurde dance-orientierter. Für mich (und die meisten Fans) war immer Marcus Gabler die Stimme von OKAY, wenn nicht gar OKAY an sich gewesen. Wieso trat nun Valerie Vannobel in den Vordergrund?

MARCUS:
Zu der Zeit hatte ich schon eine ganz andere musikalische Richtung (60s Beat, R'n'B, Psychedelic). OKAY hat mich einfach nicht mehr so interessiert. Also hat Robin den Titel übernommen.

uwe (thesecondfuture.net):
Nun ist mehr als ein Jahrzehnt vergangen; die OKAY-Platten (insbesondere die CDs) erzielen auf den Second-Hand-Märkten und Auktionshäusern dieser Welt Höchstpreise und die Nachfrage nach Wiederveröffentlichungen ist seit Jahren vorhanden. Gab's Überlegungen die Platten neu aufzulegen, vielleicht sogar die Band zu reformieren?

MARCUS:
Wir starten alle 2 Jahre einen Anlauf für einen Remix. Aber wir wollen ja nichts überstürzen... So gibt es wenigstens einen Song, von dem nicht jedes Jahr ein neuer (und überflüssiger) Mix 'rauskommt.

uwe (thesecondfuture.net):
Wenn Du so von "wir" sprichst: Hast Du eigentlich noch Kontakt zu Deinen ehemaligen Kollegen?

MARCUS:
Vor 3 Jahren haben wir uns alle mal getroffen. Seitdem sehe ich nur Robin gelegentlich.

uwe (thesecondfuture.net):
Erzähl' doch mal ein bißchen, wie's bei Dir nach dem Ende von OKAY weiterging. Machst Du noch Musik, wie entstand Dein (übrigens sehr empfehlenswerter) Second-Hand-Mailorder-Shop TOTAL RECALL und was führte zu Deinem Einstieg in die unglaublichen Weiten des elektronischen Zahlungsverkehrs mit Deiner Firma ANYPAY?

MARCUS:
Nach OKAY hatte ich eine 60s Beat Band: THE SUBSTITUTES. Wir spielten Beatles, Kinks, Who etc. nach, 50% waren meine eigenen Songs. Nach dem Ausstieg des Gitarristen zerfiel die Sache, und ich bin nach London, um dort Leute zu finden. Nach 2 Monaten kam ich zurück - ohne Band.
Danach habe ich nicht mehr viel Musik gemacht. 91/92 hatte ich die Idee, DJ zu werden (wie jeder damals). Ich kaufte Waschkörbeweise Platten auf dem Flohmarkt und fing an zu tauschen und zu handeln. Schnell merkte ich, dass sich mit dem Verkauf mehr verdienen liess als mit dem Auflegen - so entstand TOTAL RECALL.
Da ich nicht nur bei Musik creativ war, sondern auch beim business, gründete ich 1999 eine neue Internetfirma (hmm, auch wie jeder damals...). Aber bis alles richtig los ging, war der Online-Boom auch schon vorbei, und wir bekamen für ANYPAY keine Finanzierung. Diese Tage bin ich gerade dabei, ANYPAY zu verkaufen, und wir bekommen immerhin noch mehr dafür, als manches pleitegegangenes Startup am Ende wert war.

uwe (thesecondfuture.net):
Ehrlich gesagt habe ich keinerlei Erfahrungen mit Interviews, aber eine schöne Frage zum Schluß ist: welche Pläne hast Du für die Zukunft?

MARCUS:
Keine Erfahrung mit Interviews ??? Dann hier mal ein Tipp: Fass Dich kurz ;-). Ernsthaft: Die Fragen waren sehr gut recherchiert. Die Zukunft war bei mir immer sehr zufällig: OKAY, TOTAL RECALL, ANYPAY... das ist alles noch wenige Jahre vorher niemals geplant gewesen. Ich habe heute seit Monaten mal wieder den Musikcomputer angeschaltet.
Ich sage nur soviel: Mein Ziel ist es, wieder einen Song aufzunehmen (und rauszubringen). Und es wird nichts mit irgendetwas vorhergegangenem zu tun haben...

uwe (thesecondfuture.net):
Du weißt, dass das Wort Musikcomputer viele Leser (oops und natürlich -innen) dieses Interviews in Verzückung versetzen wird. Insbesondere dann, wenn die Maschine von Marcus Gabler bedient wird ;-) Ich hoffe, Du wirst uns auf dem Laufenden halten und vielen Dank Marcus, dass Du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!

MARCUS:
Gerne. Sag mir Bescheid, wenn alles online ist, dann drucke ich es meiner Mutter aus, die freut sich sicher ;-) Take care, Marcus.

uwe (thesecondfuture.net):
Ja, aber zuerst muß ich mal Frank Laufenberg anrufen und mich für die tollen Fragen aus dem 'Okay-Mix' bedanken ;-)


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